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Das letzte Jahr vor dem Aussteigen – Die Vorbereitungen

September 2014 – September 2015

Eine unangenehme und sehr anstrengende Zeit – ich möchte mich nicht gerne daran erinnern.

Auflösen – Abschied – Loslassen – Anfeindungen – Unverständnis – Zuspruch – Mut – Endlich!

Damaliger Stand:

Zwei volljährige Töchter, Tanzlehrerin von 150 Tanzschülerinnen in der Musikschule, Referentin in der Lehrerfortbildung, Choreografin.

Bevorstehende Aufgaben:

  • Mietwohnung kündigen
  • Musikschule kündigen
  • Haushalt auflösen
  • Auto verkaufen
  • Sachwalterschaftsamt von meinem Onkel abgeben
  • Schriftführer-Amt von der Alpgemeinschaft abgeben
  • CDs und Filme digitalisieren
  • Und eine supertolle Tanzabschlussaufführung für den Mai 2015 choreografieren

Ich möchte dir darüber ein bisschen erzählen.

Jetzt sitze ich vor dem Laptop, fühle mich unruhig, versuche mich in diese Zeit zu versetzen und es geht mir nicht unbedingt gut damit. Zu dieser Zeit beginne ich bewusst, Abschiedsfotos zu machen. 

Blick aus dem Küchenfenster. Unsere Katze Mia.

Ich wusste seit ich dreißig war, dass ich, bevor ich fünfzig bin, mein Leben ändern würde. Im Jahr 2013, zwei Jahre vor dem Aussteigen, begann ich meine Töchter und den engen Bekanntenkreis darüber zu informieren. 

Mein Plan war, ein Tanzbuch zu schreiben, zu reisen und im Sommer in meiner Alphütte zu leben

Ausblick von meiner Alphütte.

Auszug aus meinem Tagebuch

September 2014

Das Ziel vor den Augen, noch ein Jahr lang eine gute Mutter und eine tolle Tanzlehrerin sein. Alles richtig zu organisieren und dafür später Freiheit zu bekommen, lässt mich die momentane Situation erdulden – alles neu! Ach, ich schwanke zwischen Vorfreude, Glück und Traurigkeit. Es liegt noch so viel Arbeit vor mir. Abschied von meinen Töchtern und meinen Schülerinnen.  

Kraft für ein Jahr habe ich noch – yeah!

Noch so viel zu tun! Wo beginne ich? Hilfe!

Ursprünglich wollte ich erst ein Jahr später aussteigen. Doch es ging nicht mehr. Ich wusste, ein Jahr halte ich noch in diesem Tempo aus. Kniebeschwerden, immer müde, Rückzug von der Gesellschaft und ein Riesenbedürfnis nach Ruhe und Stille. 

Ich recherchierte stundenlang über Arbeitsmöglichkeiten auf der ganzen Welt und lernte regelmäßig Englisch. Ich hatte noch vor vielem Angst, wusste aber, dass es trotzdem kein Grund war, es nicht zu tun. Was andere konnten, konnte ich doch auch?

Das Weggehen war nicht das Problem, sondern alles erledigt zu haben, dass man endlich gehen konnte, das war das Thema. Wenn ich mich nur schon im Haushalt umschaute – die vielen CDs. Computer musste weg und dafür einen Reiselaptop kaufen. Wohin mit dem Drucker? Wieviel ist die Musikanlage noch wert? Wohin mit allen Büchern? Kleidung aussortieren und radikal reduzieren! Was verschenken, was verkaufen, was wegwerfen?

Bei der Haushaltsauflösung wird man wieder viel mit der Vergangenheit konfrontiert. Was will ich behalten? Was ist mir wichtig? Warum? Jetzt war ich doch froh, dass ich noch meine Alphütte hatte. Man kann zwar nur im Sommer dort leben, doch konnte ich alles, was mir wichtig ist, oben lagern.

Endlich Ende August 15

Dann war es endlich soweit. Pünktlich am 1. September fuhr ich nach Wien. Ich hatte dort über eine Freundin für 6 Monate eine Mietwohnung in einem netten Viertel Wiens. Wie es anschließend weitergehen sollte, wusste ich noch nicht genau.

 Meine ganzen Tanzunterlagen hatte ich schon nach Wien versendet.

Hier bin ich gerade in Wien angekommen und habe den neuen Haustürschlüssel in der Hand! Ich bin fix und fertig, aber …

 … ich bin endlich an einem neuen Ort und habe die Möglichkeit ein anderes Leben zu entdecken!

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Der Traum vom Aussteigen oder davon, neu anzufangen

Meine Lebensziele waren schon immer, den Fokus auf eine authentische Lebensführung zu legen, später eine weise alte Frau zu werden und niemals am Lebensabend sagen zu müssen „Ach, hätte ich nur …“

Authentische Lebensführung

Kennst du das Gefühl, dass es sich nicht richtig anfühlt? Dass dieses Leben doch nicht alles gewesen sein kann!

Das eigene Bauchgefühl akzeptieren und nicht ignorieren.

Ich hatte großes Glück. Ich entdeckte das Tanzen. Meine Leidenschaft. Meinen Lebensbegleiter.

Während meiner ganzen Kindheit war ich ein großer Büchernarr. Mit zwölf Jahren entdeckte ich dann das Tanzen für mich. Jeden Abend in der Küche. Während meine Familienmitglieder im Wohnzimmer saßen, tanzte ich mit Leib und Seele alleine in der Küche. Es war nur für mich – ich konnte zur Musik tanzen, mich darin fallen lassen und die Vielfalt meines Seins kennenlernen. Die Liebe und Freude für das Alleine-Tanzen ist bis heute geblieben.

Was hat eine authentische Lebensführung mit dem Tanzen zu tun?

Ich musste lernen, dass das Tanzen meinen Lebensweg bestimmt – dass ich darin authentisch bin! So wurde ich doch irgendwann Tanzpädagogin und Choreografin. Mit viel Freude. Ich wusste aber auch, dass ich rechtzeitig aufhören wollte. Bevor die ersten körperlichen Abnützungserscheinungen auftauchten oder ich komplett ausgebrannt war.

Ich wusste, bevor ich fünfzig werde, wollte ich nochmals etwas Neues beginnen.

Mit dreißig Jahren entstand schon ein Bild vor mir – wie ich in einer kleinen Hütte an einem Buch schreibe. In einem fremden Land.

Mit vierzig Jahren hatte ich das Glück, eine Alphütte auf 1.600 m zu besitzen. Ich liebe diesen Platz auf der Erde. Die Luft. Natur. Mit Holz heizen. In Einfachheit leben. So geht es mir gut. Dann fühle ich mich authentisch. In mir entstand die Idee, die Welt kennenzulernen und im Sommer immer wieder an diesen Ort zurückzukehren.

Im Sommer 2015 war es soweit und auch höchste Zeit. Ich wurde eine Aussteigerin. Komplett ausgebrannt und mit Kniebeschwerden kündigte ich meinen Job als Tanzpädagogin mit 150 Schülerinnen (der Abschied war herzergreifend) und löste meine Wohnung auf.

Tanzaufführung 2015
Foto: Christiane Sturmer

Meine Abschlusstanzaufführung. Ich tanzte sogar mit.

Herbst 2015. Ich wusste für mich nur, dass ich für 6 Monate eine Wohnung in Wien mieten und dass ich ein Tanzbuch schreiben werde. Endlich war ich in einer neuen, fremden Welt angekommen.

Ich nahm mir vor, weiterhin auf mein Bauchgefühl zu hören und es meinen Weg mitbestimmen zu lassen. So ist es bis heute geblieben.

  Hier kurz vor dem Start nach Wien!

Und jetzt?

  • Demnächst wird mein erstes Tanzbuch veröffentlicht.
  • Ich bin digitale Nomadin – im Sommer 2016 hörte ich zum ersten Mal von diesem Lebensstil.
  • Manchmal bin ich doch noch Tanzpädagogin – für Workshops oder Tanzprojekte, am liebsten mit einem Thema, das mit der Gruppe gemeinsam weiterentwickelt wird.
  • Als Referentin in der Lehrerfortbildung gebe ich gerne meine Erfahrungen weiter, wie viel Freude Tanz und Bewegung bringen.
  • Ich veröffentliche als freie Autorin in Musikzeitschriften.
  • Im Sommer wohne ich auf meiner Alphütte und sonst wohne ich da, wo ich gerade bin.
  • Ich arbeite sehr gerne und vor allem im eigenen Rhythmus – welch Luxus und Lebensqualität.

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